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„Wir wählen unser Recht auf Stadt!“ – Forderungen der Initiative Mietenwahnsinn stoppen!

Die Initiative Mietenwahnsinn stoppen! entstand aus einem Arbeitskreis von Recht auf Stadt Wien. Das folgende Forderungspapier zum Themenkomplex „Wohnen in Wien“ wurde im April 2015 erstellt und soll zur Diskussion über die Wiener Wohnungspolitik, ihre Vorzüge und ihre Schwachstellen anregen.

Wohnen in Wien hat sich in den letzten Jahren rapide verändert. So sehr die Stadt mit ihren Slogans und Werbekampagnen auch versucht, eine scheinbar heile Welt vorzugaukeln, so sehr kämpfen mittlerweile die Bewohner_innen tagtäglich mit den Auswirkungen sich verschlechternder Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse. Die Stadt und ihre repräsentativen Organe schafften es bislang immer wieder gekonnt, kritische Stimmen, die auf Versäumnisse im Wohnungsbau hinwiesen, im Keim zu ersticken. Viel wichtiger war ihnen, das Image und den Status einer “Vorzeigestadt“ aufrecht zu erhalten, in der es, ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Städten, eben keine horrenden Mieten, keine Verdrängung im Sinne von Gentrifizierung, auch keine segregierten Viertel oder No-Go-Areas gebe. Doch mittlerweile scheint es fast so, als hätte sich die Stadt zu lange auf dem Mythos des “Roten Wien“ ausgeruht und den ehemals funktionierenden Wohlfahrtsstaat nach unternehmerischen Kriterien umgestaltet. Spätestens seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Beitritt zur Europäischen Union wurden Wettbewerbsfähigkeit und investorenfreundliche Stadtentwicklung zum obersten Postulat. Dies führt heute dazu, dass genau jene negativen Erscheinungen, von denen die Regierung lange Zeit nichts wissen wollte, stärker denn je zu Tage treten.

Wien galt lange als Nachzüglerin, wenn es um die Neoliberalisierung der Stadt und ihrer politischen Institutionen ging. Schritt für Schritt, und immer unter der Obhut einer sozialdemokratischen Vorherrschaft, veränderten sich aber auch hier sukzessive die politischen Rahmenbedingungen und das neoliberale Dogma prägt mittlerweile die Stadtpolitik nachhaltig. Es ist zwar wichtig zu betonen, dass wir uns, wenn wir über Probleme z.B. am Wohnungsmarkt in Wien reden, noch immer auf einem sehr hohen Niveau bewegen – die Stadt Wien besitzt immerhin noch knapp 220.000 Wohnungen. Nichtsdestotrotz stimmen die konkreten Erfahrungen der Bewohner_innen mit der positiven Selbstdarstellung der Stadt nicht mehr überein. Zu den realen Veränderungen zählen neben der oben genannten Gentrifizierung und Verdrängung auch die damit in Zusammenhang stehenden, massiven Mietsteigerungen, sowie die steigenden Kosten für Strom, Gas und öffentliche Verkehrsmittel in den letzten Jahren.

Aber was heißt das nun konkret? In Wien leben ca. 60% der Bevölkerung in einer durch öffentliche Gelder geförderten Wohnung. Pro Jahr kommen ca. 5.000 neue, geförderte Wohnungen hinzu; das ist immerhin die Hälfte der gesamten Bauleistung. Der Ursprung dieser Logik ist im Roten Wien (1918-1934) zu suchen: Ende des 1. Weltkriegs erzwingen kämpfende Arbeiter_innen als Folge der Wohnungskrise die Einführung der Mieterschutzverordnung (1917/18) und des Mietengesetzes (1922). Der Immobilienmarkt wurde fortan unprofitabel für privates Kapital und Grundstücke konnten seitens der Stadt günstig erworben werden. Die Stadt schuf sich durch die Einführung unterschiedlicher Luxussteuern (Breitnersteuern), darunter auch die Wohnbausteuer, einen enormen finanziellen Spielraum. Erst dadurch war sie im Stande zwischen 1925 und 1934 etwa 64.000 Gemeindewohnungen für ca. 220.000 Arbeiter_innen zu bauen. Davor musste sich die Stadt aber noch zwischen zwei möglichen Optionen zur Lösung der Wohnungskrise entscheiden: entweder sie förderte Selbsthilfekooperativen, wie es zu der Zeit die Siedler_innenbewegung war, oder sie unterstützte den Bau von Gemeindewohnungen; sie entschied sich für Letzteres.

Die Zeit des „Austromarxismus“ fand zwar 1934 ein gewaltvolles Ende, doch viele Ideen der sozialistischen Wohnbaupolitik wurden nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt. Bis eben 2004, als in der Rößlergasse 15 in Wien-Liesing, der letzte Gemeindebau errichtet wurde. Dieser Bruch steht aber nur am Ende einer langen Kette an Maßnahmen zur Aushöhlung und Abschaffung der sozialen Wohnbautätigkeit in Wien. Im Verlauf der 1980er und 1990er Jahre gab es schon massive Liberalisierungen und Deregulierungen im Bereich des Mieterschutzes und des Mietrechts, die u.a. die Einführung der befristeten Mietverträge zur Folge hatte. Auch die sukzessive Verlagerung des geförderten Wohnbaus, vom Gemeindebau zu gemeinnützigen (teilweise auch gewerblichen) Wohnbauträgern, ist Teil einer neuen Strategie, in der die Stadt nicht mehr als Bauherrin oder Vermieterin auftritt, sondern sich vermehrt um die Verwaltung ihrer Liegenschaften kümmert und die Bautätigkeit anderen überlässt. Zusätzlich entzog die Stadtregierung durch die (Teil-) Privatisierung, Auslagerung und Zusammenfassung von ehemals städtischen Betrieben und Magistratsabteilungen in Holdings, Unternehmungen, Stiftungen und Fonds dem Gemeinderat die Kontrolle. Die Folge davon sind Entdemokratisierung und Intrasparenz bei der Vergabe- und Auftragspolitik.

Dieser Wandel im Bereich des Wohnens lässt sich mittlerweile ganz gut in Zahlen fassen: zwischen 2000 und 2010 stiegen die Mieten in Wien um 37%, im privaten Sektor sogar um 67%. Der Ausgabenanteil vom Einkommen an der Miete ist seit 2004 von 16% auf 25% gestiegen und die Anzahl der erfassten Wohnungslosen hat sich seit 2006 verdoppelt. Auch die Zahl der Delogierungen steigt. Insbesondere im Gemeindebau werden aufgrund der steigenden Mieten fast 1000 Wohnungen pro Jahr (2011) zwangsgeräumt; das bedeutet im Schnitt bis zu sieben Wohnungen pro Tag. Weitere absurde Hürden in der Unterstützung ärmerer Bevölkerungsschichten im Bereich des Wohnens, sind die Regel, dass erst ab einem gewissen Mindesteinkommen die Möglichkeit der Wohnbeihilfe besteht; d.h. zu niedriges Einkommen verunmöglicht den Bezug von Wohnbeihilfe!

Für uns als Recht auf Stadt-Kollektiv der Initiative „Mietenwahnsinn stoppen!“ ist wichtig, einen kritischen Blick auf aktuelle städtische Transformationsprozesse in Wien zu werfen und gegen diese negativen Auswirkungen anzukämpfen. Wir wollen mit der hegemonialen Selbstdarstellung der Stadt brechen und nicht nur auf die soziale Ungleichheit im Wohnungsbau hinweisen, sondern auch positive Utopien jenseits der paternalistischen SP-Grünen Stadtpolitik entwickeln, auf Aktivierung und Selbstermächtigung setzen, anstatt auf eine intransparente, klientelistische Vertretungspolitik. Wie das funktionieren könnte sehen wir international an vielen Orten des Widerstandes gegen Delogierung, Mietensteigerung und Gentrifizierung wie aktuell in Spanien.

Aber auch in Wien kämpfen die Menschen auf vielen Ebenen gegen die Wohnungskrise, wir sehen das beim Widerstand der PizzeriA gegen einen privaten Immobilieninvestor, der solidarischen Unterstützung gegen die Delogierung von Monika R. oder dem tagtäglichen Kampf gegen Wohnungslosigkeit beim neunerhaus sowie dem Kampf gegen Vertreibung von Marginalisierten. Besonders tragisch bleibt uns der Fall Cafer I. in Mariahilf in Erinnerung. Cafer war der letzte verbleibende Mieter eines Zinshauses, das nun saniert wird. Er wurde unter noch immer nicht geklärten Umständen tot vor seiner Wohnung aufgefunden. Delogierungen passieren auch in Wien bis zu sieben Mal pro Tag und jede einzelne Räumung ist eine zu viel. Unsere vier zentralen Forderungen sind daher:

1. ZWANGSRÄUMUNGEN STOPPEN, KEIN RAUSMOBBEN VON ALTMIETER_INNEN!

Wir fordern den sofortigen Stopp von Delogierungen von Mieter_innen, die sich ihre Miete nicht mehr leisten können. Genauso fordern wir Schritte gegen das Rausmobben von Altmieter_innen, um eine Immobilie aufwerten zu können. In beiden Fällen ist die Stadt gefragt, durch sozialpolitische Maßnahmen, wie der Übernahme von Mietschulden, oder der Entziehung von Baubewilligungen im Zuge von Renovierungen, entgegen zu wirken. Der Aufwertung ganzer Grätzel inklusive Verdrängung oftmals weniger zahlungskräftiger Mieter_innen könnte eine an sozialen Kriterien orientierte Mietobergrenze entgegenwirken. Lagezuschläge müssen generell abgeschafft werden.

2. HER MIT DEM GEMEINDEBAU!

Wir fordern die generelle Wiederaufnahme des Gemeindebaus. Kommunaler Wohnbau fand in den letzten Jahren nur mehr über den geförderten Wohnbau statt. Dabei ist klar, dass der geförderte Wohnbau als Mittelschichtssubventionierung, gerade in Zeiten immer prekärer werdender Arbeits- und Lebensbedingungen für viele Menschen immer schwerer leistbar wird. Im Februar 2015 gab Bürgermeister Häupl zwar bekannt, das die Stadt wieder Gemeindewohnungen bauen wird. Es bleibt aber abzuwarten, ob diese Ankündigung reine Wahlkampfrhetorik bleibt bzw. wieviel und unter welchen Bedingungen dann auch wirklich umgesetzt wird.
Wir fordern ebenso Offenheit für neue Schritte der Kommunalisierung, besonders durch die Stärkung der demokratischen Mitgestaltung, etwa in Form der schon existierenden Mieter_innenräte, die Stärkung Urbaner Commons (Gemeingüter) und die Berücksichtigung von Wohn- und Lebensformen, jenseits des Kleinfamilienmodells.

3. SPEKULATION VERHINDERN! LEERSTAND BESETZEN!

Wer Wohnraum oder auch Büroflächen trotz oder gerade wegen steigender Mietpreise leerstehen lässt, sollte nicht nur, wie unlängst von der SP gefordert, durch eine Leerstandsabgabe besteuert werden, sondern dieser Leerstand muss der Gesellschaft wieder zur Verfügung stehen. Wir fordern hier die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Rekommunalisierung von leerstehendem Wohnraum und Büroflächen. Darüber hinaus gilt es demokratische Institutionen auf lokaler Ebene zu schaffen, um diesen Leerstand gemeinsam zu verwalten und über dessen Nutzung zu bestimmen. Mit der Kriminalisierung von Leerstandsbesetzungen muss Schluss sein.

4. KEINE PROFITE MIT DER MIETE! WOHNRAUM DARF KEINE WARE SEIN!

Des Recht auf Wohnen gehört wie das Recht auf (Teilhabe an der) Stadt zu den grundlegenden Sozialen Rechten, die gewährleisten, dass alle Menschen ein gutes und würdiges Leben führen können. Dementsprechend darf Wohnen keine Ware sein. Die marktförmige (De-)Regulierung von Wohnraum produziert Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Wohnraum muss daher dem Markt entzogen und vergesellschaftet werden und allen hier lebenden Menschen, egal welcher Herkunft, zur Verfügung stehen.

Wien, April 2015

Initiative Mietenwahnsinn stoppen!

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AT Newsletter Wien

Newsletter, Mai 2015

Newsletter Mai 2015
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Inhalt
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o Editorial
o bevorstehende Veranstaltungen
+++ 1.5.-20.6. | Solidarische Kampagne RaumFrei?!: 40 Jahre – 40
Besetzungen – Raumnahmen und mehr! www.raum-frei.net +++

+++ 30.4.| Solischlafen im Stadtpark+++
+++ 1.5. | Straßenfest Anarchistische Bibliothek und Archiv Wien +++
+++ 2.5. | Donaukanal für Alle!+++
+++ 4.5. | Militante Untersuchung und Kollektives Kritisches Kartieren +++
+++ 5.5. | Syndikat – Kollektiv – Genossenschaft – Stiftung:
Selbstorganisiertem Handeln Form geben +++
+++ 7.5. | “Wer geht leer aus?” Buchpräsentation +++
+++ 9./10.5.| Das Eigentum und die Wohnungsfrage +++
+++ 11.5 | Stadtspaziergang zweiter Bezirk: städtische Konflikte,
Gentrifizierung +++
+++ 13.5.| Recht auf Stadt Vernetzungstreffen +++
+++ 18.5.| Widerstand und Resilienz im innerstädtischen Wohngebieten –
ein Städtevergleich Brüssel, Lissabon, Paris, Wien +++
+++ 21.5.| Augustin Frühstück +++
+++ 21.5.| Buchdiskussion: Wer geht leer aus? Plädoyer für eine andere
Leerstandspolitik +++
+++ 21.5. | Burgtheater: Von Menschen und Städten +++
+++ 28.5. |SAMSTAG IN DER STADT,Raumnahme endet nie +++
+++ 28.5. | EKH- Filmscreening +++
o Über RaS Wien

Editorial
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Der Newsletter erscheint regelmäßig zu Monatsanfang. Hier findet ihr
die aktuellen Termine und Infos über das Recht auf Stadt Netzwerk Wien.
Verschiedene Gruppen planen zur Zeit Aktionen für den Juni, um sich
solidarisch mit dem Amerlinghaus zu zeigen, die mit „40 Tage Besetzen“
ihren 40. Geburtstag feiern. In diesem Rahmen machen wir deutlich: Wir
wollen eine ganz andere Stadtentwicklung. Delogierungen, hohe Mieten,
Privatisierung und Kommerzialisierung öffentlichen Raumes? Dem wollen
wir gemeinsam eine Vision entgegensetzen, in der alle das „Recht auf
Stadt“ haben.
Auf den Netzwerktreffen habt ihr die Möglichkeit, euch einzubringen und
mitzumachen.

Bevorstehende Veranstaltungen
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+++ 30.4.| Solischlafen im Stadtpark +++
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_| Ort: Stadtpark, am Platz vor dem Josef-Strauß-Denkmal.
_| Zeit: Ab 17 Uhr
_| Von: Initiative Solischlafen im Stadtpark
http://www.augustin.or.at/home/news/solischlafen-im-stadtpark.html
In der vorigen Woche haben Menschenrechtsaktivist_innen in Wien die
Initiative SOLISCHLAFEN IM STADTPARK gegründet.
Der Anlass: Am 30. April schließen in Wien die Winternotquartiere. Die
so genannte «Kältehilfe» für in Wien angekommene Obdachlose aus dem
EU-Raum, für die sich die Wohnungslosenhilfe der Stadt Wien nicht
zuständig fühlt, läuft aus und 500 Menschen verlieren ihren Schlafplatz.
Viele von ihnen werden die Nächte fortan im Freien verbringen müssen,
wo aber eine zynische Anwendung der Wiener Kampierverordnung dafür
sorgt, dass die Betroffenen jederzeit mit einer Bestrafung rechnen
müssen. Oft haben diese Menschen keine Alternative zum Überlebenskampf
in Wien, einer der reichsten Städte der Welt. In den Siedlungen, aus
denen sie kommen, herrscht eine bis zu hundertprozentige
Arbeitslosigkeit. Auch im reichen Wien steigt die Armut. Auch für
verarmte Wiener_innen stehen viel zu wenig Notschlafstellen zur Verfügung.
Aus diesem Grund ruft SOLISCHLAFEN IM STADTPARK alle Menschen, die sich
einen Gerechtigkeitssinn bewahrt haben, dazu auf, diese erste Nacht
gemeinsam mit Betroffenen im Stadtpark zu verbringen und damit nicht
nur ihre Solidarität zu bekunden, sondern auch folgende Forderungen zu
stellen:
– Armut bekämpfen statt Arme vertreiben.
– Mehr Notquartiere – und diese auch im Sommer öffnen!
– Leistbares Wohnen für alle
– Abschaffung der Kampierverordnung (denn die bestraft mit bis zu 700
Euro, wer einen Schlafsack im öffentlichen Raum ausrollt)
Die Aktion startet am Donnerstag, 30. April um 17 Uhr im Stadtpark am
Platz vor dem Josef-Strauß-Denkmal. Die Teilnehmenden sind gebeten,
Essen und Getränke für ein gemeinsames Picknick, Musikinstrumente,
Schlafsäcke, Liegematten, Tee, Kaffee und warme Klamotten mitzunehmen.

+++ 1.5. | Straßenfest Anarchistische Bibliothek und Archiv Wien +++
————————————————–
_| Ort: Pfeilgasse
_| Zeit: Ab 15 Uhr
_| Von: Anarchistische Bibliothek und Archiv Wien
http://a-bibliothek.org/
Auch wenn es ihm heute nicht mehr anzumerken ist, vereinnahmt von
Parteien und verunstaltet zum „Tag der Arbeit“ – der 1. Mai als
Kampftag der Arbeiter_innen hat einen anarchistischen Ursprung!
Zum Gedenken an die Opfer des Haymarket wurde der 1. Mai als „Kampftag
der Arbeiterbewegung“ ausgerufen und 1890 zum ersten Mal als „Protest-
und Gedenktag“ mit Massenstreiks und Massendemonstrationen in der
ganzen Welt begangen.
120 Jahre später, am 1. Mai 2010 wurde in Wien die Anarchistische
Bibliothek eröffnet.
Mit dem Straßenfest wollen wir das fünfjährige Bestehen der
Anarchistischen Bibliothek feiern und gleichzeitig beginnen, den
Grundstein für die nächsten fünfzig Jahre zu legen:
Heute beginnt die Kampagne “Mehr Platz für Anarchie”

+++ 2.5 | Donaukanal für Alle! +++
————————————————–
_| Ort: Donaukanalwiese bei der Augartenbrücke, 1010 Wien
_| Zeit: Ab 14 Uhr
_| Von: Donaukanal für Alle!
Vor einigen Wochen wurde offenkundig, dass sinistre Mächte an Plänen
arbeiten, eine der letzten Wiesen am Donaukanal in ein
„Beach-Club-Restauröö“ zu verwandeln. Jene Wiese soll einem
Restaurant-Großbetrieb mit 800 Sitzplätzen weichen. 1-stöckig und
ganzjährig geöffnet, wird uns dieser als ein von der „breiten Masse“
gewünschtes Projekt verkauft. Schon jetzt müssen sich die Menschen bei
Schönwetter an diversen Strandbars vorbeiquetschen. Diese wuchern
jedes Jahr und öffentlicher Raum wird Stück für Stück privatisiert.
Doch nicht nur am Kanal ist diese Entwicklung zu beobachten: Die
Kaiserwiese wurde von der Stadt Wien und ihrer 100% Tochterfirma
„Prater GesmbH“ zerstört, der Augartenspitz an die Wiener Sängerknaben
verscherbelt. In der Krieau bedrohen neue Wohnanlagen den grünen Prater
und auch den Wagenplatz Treibstoff, der derzeit akut räumungsbedroht ist.
Wir haben genug davon. Genug von der verordneten Misere. Genug von
Kommerzmüll, der uns als Kultur aufgetischt wird. Genug vom Kahlschlag
im öffentlichen Raum. Genug von einer Stadt, die nur für Menschen mit
den richtigen Papieren und genug Kohle Platz zu haben scheint.
Um diesem Treiben etwas entgegenzuhalten, werden wir am 2. Mai den
Kanal nach unseren gemeinsamen Vorstellungen gestalten: Mit großartiger
Musik, einer Volxlesung, Filmvorführungen, Infotischen, Graffiti und
vielem mehr. Dieses „Viele Mehr!“ hängt vor allem von euch ab: Ihr habt
Infomaterial, möchtet einen Workshop machen, habt Lust zu kochen, habt
Soundequipment, das ihr Musiker*innen zur Verfügung stellen könnt…?
Meldet euch bei unserer Infonummer, per Mail oder legt einfach los!
Wir wollen keine Dienstleistung oder Service anbieten, sondern hoffen
dass dies ein gemeinsam kreierter Tag wird. Das bedeutet zum Beispiel,
dass wir kochen, doch sicher nicht in der Lage sind hunderte Menschen
zu verköstigen. Füllt eure Picknick-Körbe, kühlt ein paar Getränke ein,
nehmt einen Müllsack mit und packt eure Bande ein! Wir hoffen, dass das
Fest ein Ort sein kann um Gefährt*innen für weitere Abenteuer zu
finden. Deshalb passt aufeinander auf damit wir gemeinsam gefährlich
sein können.
Bis zum 2. Mai – Es ist nichts vorbei!
Kontakt Info-Telefon: +43 677 612 428 10 Mail: donaukanalisation@riseup.net

+++ 4.5. | Militante Untersuchung und Kollektives Kritisches Kartieren +++
————————————————–
_| Ort: Hörsaal III, NIG, Universitätsstraße 7, Wien,
_| Zeit:16:45 – 18:15
_| Von: Ringvorlesung Recht auf Stadt
http://www.memfarado.org/ras-rv/
Ein Aktivist von FelS (Berlin) und OrangoTango (Berlin) die Aktionsform
der Militanten Untersuchung bzw. der Kollektiven Kritischen Kartierung
dar und diskutieren Möglichkeiten und Erfahrungen,mit diesen Methoden
(stadt-) politische Kämpfe zu befördern und Organisierungsprozesse zu
ermöglichen.

+++ 5.5 | Syndikat – Kollektiv – Genossenschaft – Stiftung:
Selbstorganisiertem Handeln Form geben +++
————————————————–
_| Ort: Mobiles Stadtlabor der TU Wien im Resselpark, 1040 Wien
_| Zeit:19-21 Uhr
_| Von: Workshop der Initiative für gemeinschaftliches Bauen und Wohnen im
Rahmen der Reihe Gemeinsam Bauen Wohnen in der Praxis
http://gemeinsam-bauen-wohnen.org/2015/04/25/workshop-am-5-mai-syndikat-kollektiv-genossenschaft-stiftung-selbstorganisiertem-handeln-form-geben/

Die sich vorstellenden Gruppen aus Wien, Hamburg und Linz zeigen ein
aktuelles Spektrum selbstorganisierten Handelns im Bereich des Bauens,
Wohnens, Arbeitens und Landwirtschaftens.
Dabei geht es von der Frage des Umgangs mit Grund und Boden bis hin zur
Regelung des Zugangs und den Bedingungen der Nutzung. Die gewählten
Organisationsformen sind zugleich modellhaft und eröffnen die
Möglichkeit der Wiederholung. Sie stehen somit für einen maßstäblichen
Entwicklungssprung, der weg vom Einzelprojekt führen kann. Wir bekommen
Einblick in die Fragen, für welche Organisations- und Rechtsform man
sich aus welchen Gründen entscheidet, was das für Konsequenzen hat und
welche Möglichkeiten sich dadurch eröffnen können.
Die Gruppen stehen dabei an unterschiedlichen Punkten ihrer
Projektgeschichte. Wir wollen wie immer bei unseren Workshops nach den
Kurzpräsentationen gemeinsam diskutieren, im Anschluss werden die
erarbeiteten Themen vorgestellt.
Eintritt frei, um Anmeldung wird gebeten:
praxis[at]gemeinsam-bauen-wohnen.org

+++ 7.5. | “Wer geht leer aus?” Buchpräsentation +++
————————————————–
_| Ort:Ernst- Kirchweger Haus, Wielandgasse 2-4, 1100 Wien
_| Zeit:19 Uhr
_| Von: Politdiskubeisl
http://www.med-user.net/~ekh/

Das Ende 2014 erschienene Buch “Wer geht leer aus? – Plädoyer für eine
andere
Leerstandspolitik” gibt Einblick in die jahrelange Beschäftigung mit
Leerstand (in Wien)
und den Austausch mit Leerstands- und Stadtaktiven verschiedener Städte
Europas. Die Diskussion und die Entwicklung neuer Perspektiven und
Blickpunkte dienen als Ausgangspunkte eigene Fragen zu stellen und aktiv
zu werden.
Wie kann Stadt Raum für alle sein und Selbstbestimmung und
Selbstverwaltung in der Praxis ermöglichen?
Neben Interviews mit Personen, die sich mit Leerstandsverwaltung und
-nutzung politisch und praktisch auseinandersetzen, gibt es im Buch
Textschwerpunkte, die Leerstand mit anderen Themen wie der
Urban-Commons- Debatte, dem spezifischen Wiener Wohnungsmarkt,
Delogierungen in Wien, globalen neoliberalen Umstrukturierungsprozessen
oder den Konzepten der partizipativen Architektur verknüpfen. Außerdem
findet sich eine Sammlung von Werkzeugen für die proaktive Raumnutzung
und ein stadtpolitisches Begriffslexikon.

An diesem Abend werden Textpassagen aus dem Buch gelesen und Inhalte
vorgestellt. Wir wollen über den aktuellen Stand der politischen
Entwicklung erzählen und uns mit euch über Kritik an Zwischennutzungen
austauschen. Es geht auch um die Frage was sinnvolle Forderungen in
Bezug auf Leerstandnutzung sind und wie aktivistische Beiträge und
Strategien dazu aussehen können. Wir wünschen uns eine rege Diskussion.
mehr Infos unter: http://www.igkulturwien.net/wergehtleeraus/

+++ 9./10.5. | Das Eigentum und die Wohnungsfrage +++
————————————————–
_| Ort: Kulturzentrum im Amerlinghaus 7., Stiftg.8
_| Zeit:14:00-19:00

Was macht die herrschende Marktwirtschaft mit unserem Lebensraum in
Wien, und wie können wir uns dagegen wehren? Zweitägiger Workshop zur
Funktion des Grundeigentums im Kapitalismus, der Analyse der
Wohnraumpolitik in Wien und den Möglichkeiten von Kämpfen gegen diese
Verhältnisse.
Ziele des Workshops sind es, die Funktionen von Wohnraum und Eigentum im
Kapitalismus zu verstehen und die Tendenzen der Wohnraumpolitik in
Wienund anderen Teilen Österreichs einer Analyse zu unterziehen. Auf
dieser Grundlage soll mit dem historischen und aktuellen Wissen über die
Möglichkeiten und Formen von sinnvollen Kämpfen gegen diese Verhältnisse
im Hier und
Jetzt diskutiert werden.
Programm: http://www.raum-frei.net/?page_id=40

+++ 11.5 | Stadtspaziergang zweiter Bezirk: städtische Konflikte,
Gentrifizierung +++
————————————————–
_| Ort: Zweiter Bezirk- Treffpunkt Mühlfeldgasse 12 (Nähe Praterstern)
_| Zeit:17:00-19:00
_| Von: Ringvorlesung Recht auf Stadt
http://www.memfarado.org/ras-rv/

Route (Zeiten ungefähr)
Station 1: Mühlfeldgasse 12 (Pizzeria Anarchia) 17:00
http://pizza.noblogs.org/
Station 2: Praterstern 17:30
Station 3: Kaiserwiese 17:50
Station 4: Stuwerviertel 18:15
www.stuwer.info
Station 5: WU 18:40
Station 6: Wagenplatz Treibstoff 19:00
http://treibstoff.wagenplatz.at/

Auf dem Wagenplatz wird es noch die Möglichkeit für weiteren Austausch,
Diskussion und gemütliches Beisammensein geben.

+++ 13.5. | Recht auf Stadt Vernetzungstreffen +++
————————————————–
_| Ort: Amerlinghaus Raum 3
_| Zeit:19-21 Uhr

Das monatliche Vernetzungstreffen des Recht auf Stadt Netzwerks: Alle
Stadtinteressierten sind herzlich eingeladen mitzudiskutieren,
mitzuplanen oder einfach mal vorbeizuschauen, weil sie denken, dass in
Wien einiges anders laufen sollte…

+++ 18.5.| Widerstand und Resilienz im innerstädtischen Wohngebieten –
ein Städtevergleich Brüssel, Lissabon, Paris, Wien +++
————————————————–
_| Ort: Hörsaal III, NIG, Universitätsstraße 7, Wien,
_| Zeit:16:45 – 18:15
_| Von: Ringvorlesung Recht auf Stadt
http://www.memfarado.org/ras-rv

+++ 21.5 | Augustin Frühstück +++
————————————————–
_| Ort: Mariahilferstraße (ca. Höhe Stiftgasse), 1060 Wien,ab 10.30 Uhr *
_| Zeit: ab 10.30 Uhr
_| Von: Augustin

Das Recht auf Stadt und das Recht auf den öffentlichen Raum darf nicht nur
jenen gewährt werden, die es sich aufgrund ökonomischer oder sozialer
Privilegien leisten können. Aus diesem Grund hat sich der AUGUSTIN
entschieden, ein Teampicknick in genau diesem kommerziell umkämpften Raum
abzuhalten. Ganz im Stile der Permanent Breakfast Aktionen werden wir es
uns im öffentlichen Raum gemütlich machen. Gerne wollen wir dazu unsere
Leser_innen, Liebhaber_innen und Freund_innen einladen. Kommt mit Speis und
Trank und plaudert mit uns! Wir holen uns die konsumfreien
Gemeinschaftsräume zurück!

+++ 21.5. | Buchdiskussion: Wer geht leer aus? Plädoyer für eine andere
Leerstandspolitik +++
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_| Ort: Libreria Utopía, Preysinggasse 26-28, 1150 Wien
_| Zeit: 19 Uhr
http://www.radicalbookstore.com/

Wenn die Stadt Wien von Leerstandsnutzung spricht, meint sie kreative
Zwischennutzungen: Leerstandsnutzung als Standortmarketing und
Aufwertungsinstrument. Dieser Umgang mit Leerstand löst keine Probleme,
sondern schafft sie. An diesem Abend diskutieren die Herausgeber_innen
von „Wer geht leer aus? Plädoyer für eine andere Leerstandspolitik“,
warum Zwischennutzungen noch nicht einmal die halbe Miete sind und
welche sinnvollen Schritte beim Thema Leerstand gesetzt werden können.
Das Buch gibt Einblick in die jahrelange Beschäftigung mit Leerstand
(in Wien) und den Austausch mit Leerstands- und Stadtaktiven
verschiedener Städte Europas. Es werden neue Vorstellungen entwickelt
und diskutiert, die motivieren, eigene Fragen zu stellen und aktiv zu
werden.
Denn Leerstand eröffnet neue Denk- und Handlungsräume und kann
Einstiegspunkt für die Diskussion grundsätzlicher Fragen sein: Wie kann
Stadt ein Ort werden, der emanzipatorische Praxis und das Erlernen von
Selbstbestimmung und Selbstverwaltung ermöglicht?
Leerstand ist kein isoliertes Teilproblem, sondern berührt Fragen, die
alle angehen. Deshalb darf die Beschäftigung mit diesem Thema nicht den
Stadtplaner_innen, Architekt_innen, Politiker_innen und
Stadtforscher_innen vorbehalten sein.
weblink: wergehtleeraus.igkulturwien.net

+++ 21.5. | Burgtheater: Von Menschen und Städten+++
————————————————–
_| Ort: Burgtheater/KasinoLibreria Utopía, Preysinggasse 26-28, 1150 Wien
_| Zeit: 20 Uhr
http://www.burgtheater.at/Content.Node2/home/spielplan/event_detailansicht.at.php?eventid=964250154
‹Von Menschen und Städten›
Philipp Blom im Gespräch mit Richard Sennett
In englischer Sprache
Das Leben in der Stadt ist zur beherrschenden Tatsache für uns
geworden. In dieser riesigen, unfreiwilligen Gemeinschaft findet unsere
Arbeit statt, unser persönliches Leben, unsere soziale Identität.

Während aber noch viele Nostalgie für einfachere Zeiten fühlen, in der
Identitäten stabil und Gemeinschaften stark waren, verändern sich
Städte durch Migration, Markt und Technologie mehr, als sie es seit
über einem Jahrhundert getan haben. Wie können wir in diesen neuen
Städten ein gutes Leben finden, und wie können wir darin unsere
Identität selbst gestalten? In der letzten Carte blanche dieser
Spielzeit spricht Philipp Blom mit dem Soziologen Richard Sennett über
urbanes Leben und persönliche Gestaltungsräume.

Richard Sennett, 1943 in den USA geboren. Der Soziologe lehrt an der
London School of Economics and Political Science und forscht über
Städte, Arbeit und Kultursoziologie. www.richardsennett.com

Philipp Blom, 1970 geboren, studierte in Wien und Oxford. Er lebt als
Schriftsteller und Historiker in Wien und schreibt regelmäßig für
europäische und amerikanische Zeitschriften und Zeitungen. Er wird in
der Spielzeit 2014/15 Gastgeber des Gesprächformats Carte Blanche am
Burgtheater sein. Weitere Informationen zu Philipp Blom unter
www.philipp-blom.eu

+++ 28.5. |SAMSTAG IN DER STADT, Raumnahme endet nie +++
————————————————–
_| Ort: Schwendermarkt, 1150 Wien
_| Zeit: 17 Uhr
_| Von: www.samstaginderstadt.at

Elisabeth Ettmann und Werner Weber , Zeitzeugin und Zeitzeuge,
Aktivistin und Aktivist der 1975 begonnenen Besetzung des
Amerlinghauses, erzählen. Damals wie heute ist die Raumnahme ein großes
Thema. Samstag in der Stadt fordert sie gemeinsam mit der Nachbarschaft
am Schwendermarkt im 15. Bezirk ein. An einer langen Tafel am Platz
werden Geschichten ausgetauscht, gemeinsam gegessen und das Recht auf
Stadt gefeiert.

+++ 28.5.|EKH Filmveranstaltung und mehr +++
————————————————–
_| Ort: Ernst Kirchweger Haus, Wielandgasse 2-4, 1100 Wien
_| Zeit: 20 Uhr
_| Von: EKH

Am 28. 5. 2015 wird es auch im EKH eine Veranstaltung im Rahmen der
Kampagne „RaumFrei?! 40 Jahre – 40 Besetzungen“ des Amerlinghauses geben.
Das EKH wurde 1990 besetzt um in Wien ein Zeichen gegen den
Wohnungsmarkt, steigende Mieten, Verdrängung und Vertreibung von
Menschen zu setzen, und um selbstbestimmt, nach eigenen Vorstellungen,
zu leben. Auch wenn es
mittlerweile Verträge mit der Stadt gibt, ist es noch immer das am
längsten bestehende autonome Zentrum in Wien. Die unkommerziellen
Veranstaltungsbereiche, welche von uns HausbewohnerInnen selbst, sowie
von Menschen, die nicht hier leben, bespielt werden, prägen dieses DIY-
Grundverständnis.
(Fast) jeden Donnerstag findet das Politdiskubeisl statt, welches eine
Info- und Diskussionsveranstaltung ist.
Es gibt veganes Essen, und Austausch sowie Vernetzung finden statt.
Im Rahmen der Kampagne wird es am 28. 5. eine Filmveranstaltung geben,
in welcher das Wohnen und die damit einhergehenden
Verdrängungsmechanismen in Wien und Berlin thematisiert werden.
Außerdem wird es eine Wandzeitung geben, die neben der Hofbar
aufgestellt wird.
Es gibt kühle Drinks, Musik und veganes Essen.

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Beitrag auf FM4 – Leere Häuser gehören allen

praekare-zone-leerstand
zum nachhören bis 14.04.: Auf Laut – LEERE HÄUSER GEHÖREN ALLEN

Kurzbeitrag 17:29 auf Connected -> http://fm4.orf.at/7tage#20150407/CO
ab 21h Auf Laut -> http://fm4.orf.at/7tage#20150407/AL

Wenn Raum in der Stadt zur künstlich knapp gehaltenen Ware wird, kreative NutzerInnen sich Mieten für Ateliers und Werkstätten nicht mehr leisten können und für viele eine einfache Wohnung schon unerschwinglich ist, wird Leerstand zum Politikum. In Wien hat sich nun die erste private Agentur für Leerstandsmanagement gegründet. Im Studio zu Gast ist der Politikwissenschafter Raphael Kiczka, der Leerstand als urban common betrachtet, also der Allgemeinheit gehörend.

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„Wir wählen unser Recht auf Stadt!“

Forderungen der Initiative Mietenwahnsinn stoppen!

Wohnen in Wien hat sich in den letzten Jahren rapide verändert. So sehr die Stadt mit ihren Slogans und Werbekampagnen auch versucht, eine scheinbar heile Welt vorzugaukeln, so sehr kämpfen mittlerweile die Bewohner_innen tagtäglich mit den Auswirkungen sich verschlechternder Lebensbedingungen und Wohnverhältnisse. Die Stadt und ihre repräsentativen Organe schafften es bislang immer wieder gekonnt, kritische Stimmen, die auf Versäumnisse im Wohnungsbau hinwiesen, im Keim zu ersticken. Viel wichtiger war ihnen, das Image und den Status einer “Vorzeigestadt“ aufrecht zu erhalten, in der es, ganz im Gegensatz zu anderen europäischen Städten, eben keine horrenden Mieten, keine Verdrängung im Sinne von Gentrifizierung, auch keine segregierten Viertel oder No-Go-Areas gebe. Doch mittlerweile scheint es fast so, als hätte sich die Stadt zu lange auf dem Mythos des „Roten Wien„ ausgeruht und den ehemals funktionierenden Wohlfahrtsstaat nach unternehmerischen Kriterien umgestaltet. Spätestens seit dem Fall des Eisernen Vorhangs und dem Beitritt zur Europäischen Union wurden Wettbewerbsfähigkeit und investorenfreundliche Stadtentwicklung zum obersten Postulat. Dies führt heute dazu, dass genau jene negativen Erscheinungen, von denen die Regierung lange Zeit nichts wissen wollte, stärker denn je zu Tage treten.

Wien galt lange als Nachzüglerin, wenn es um die Neoliberalisierung der Stadt und ihrer politischen Institutionen ging. Schritt für Schritt, und immer unter der Obhut einer sozialdemokratischen Vorherrschaft, veränderten sich aber auch hier sukzessive die politischen Rahmenbedingungen und das neoliberale Dogma prägt mittlerweile die Stadtpolitik nachhaltig. Es ist zwar wichtig zu betonen, dass wir uns, wenn wir über Probleme z.B. am Wohnungsmarkt in Wien reden, noch immer auf einem sehr hohen Niveau bewegen – die Stadt Wien besitzt immerhin noch knapp 220.000 Wohnungen. Nichtsdestotrotz stimmen die konkreten Erfahrungen der Bewohner_innen mit der positiven Selbstdarstellung der Stadt nicht mehr überein. Zu den realen Veränderungen zählen neben der oben genannten Gentrifizierung und Verdrängung auch die damit in Zusammenhang stehenden, massiven Mietsteigerungen, sowie die steigenden Kosten für Strom, Gas und öffentliche Verkehrsmittel in den letzten Jahren.

Aber was heißt das nun konkret? In Wien leben ca. 60% der Bevölkerung in einer durch öffentliche Gelder geförderten Wohnung. Pro Jahr kommen ca. 5.000 neue, geförderte Wohnungen hinzu; das ist immerhin die Hälfte der gesamten Bauleistung. Der Ursprung dieser Logik ist im Roten Wien (1918-1934) zu suchen: Ende des 1. Weltkriegs erzwingen kämpfende Arbeiter_innen als Folge der Wohnungskrise die Einführung der Mieterschutzverordnung (1917/18) und des Mietengesetzes (1922). Der Immobilienmarkt wurde fortan unprofitabel für privates Kapital und Grundstücke konnten seitens der Stadt günstig erworben werden. Die Stadt schuf sich durch die Einführung unterschiedlicher Luxussteuern (Breitnersteuern), darunter auch die Wohnbausteuer, einen enormen finanziellen Spielraum. Erst dadurch war sie im Stande zwischen 1925 und 1934 etwa 64.000 Gemeindewohnungen für ca. 220.000 Arbeiter_innen zu bauen. Davor musste sich die Stadt aber noch zwischen zwei möglichen Optionen zur Lösung der Wohnungskrise entscheiden: entweder sie förderte Selbsthilfekooperativen, wie es zu der Zeit die Siedler_innenbewegung war, oder sie unterstützte den Bau von Gemeindewohnungen; sie entschied sich für Letzteres.

Die Zeit des „Austromarxismus“ fand zwar 1934 ein gewaltvolles Ende, doch viele Ideen der sozialistischen Wohnbaupolitik wurden nach dem 2. Weltkrieg fortgesetzt. Bis eben 2004, als in der Rößlergasse 15 in Wien-Liesing, der letzte Gemeindebau errichtet wurde. Dieser Bruch steht aber nur am Ende einer langen Kette an Maßnahmen zur Aushöhlung und Abschaffung der sozialen Wohnbautätigkeit in Wien. Im Verlauf der 1980er und 1990er Jahre gab es schon massive Liberalisierungen und Deregulierungen im Bereich des Mieterschutzes und des Mietrechts, die u.a. die Einführung der befristeten Mietverträge zur Folge hatte. Auch die sukzessive Verlagerung des geförderten Wohnbaus, vom Gemeindebau zu gemeinnützigen (teilweise auch gewerblichen) Wohnbauträgern, ist Teil einer neuen Strategie, in der die Stadt nicht mehr als Bauherrin oder Vermieterin auftritt, sondern sich vermehrt um die Verwaltung ihrer Liegenschaften kümmert und die Bautätigkeit anderen überlässt. Zusätzlich entzog die Stadtregierung durch die (Teil-) Privatisierung, Auslagerung und Zusammenfassung von ehemals städtischen Betrieben und Magistratsabteilungen in Holdings, Unternehmungen, Stiftungen und Fonds dem Gemeinderat die Kontrolle. Die Folge davon sind Entdemokratisierung und Intrasparenz bei der Vergabe- und Auftragspolitik.

Dieser Wandel im Bereich des Wohnens lässt sich mittlerweile ganz gut in Zahlen fassen: zwischen 2000 und 2010 stiegen die Mieten in Wien um 37%, im privaten Sektor sogar um 67%. Der Ausgabenanteil vom Einkommen an der Miete ist seit 2004 von 16% auf 25% gestiegen und die Anzahl der erfassten Wohnungslosen hat sich seit 2006 verdoppelt. Auch die Zahl der Delogierungen steigt. Insbesondere im Gemeindebau werden aufgrund der steigenden Mieten fast 1000 Wohnungen pro Jahr (2011) zwangsgeräumt; das bedeutet im Schnitt bis zu sieben Wohnungen pro Tag. Weitere absurde Hürden in der Unterstützung ärmerer Bevölkerungsschichten im Bereich des Wohnens, sind die Regel, dass erst ab einem gewissen Mindesteinkommen die Möglichkeit der Wohnbeihilfe besteht; d.h. zu niedriges Einkommen verunmöglicht den Bezug von Wohnbeihilfe!

Für uns als Recht auf Stadt-Kollektiv der Initiative „Mietenwahnsinn stoppen!“ ist wichtig, einen kritischen Blick auf aktuelle städtische Transformationsprozesse in Wien zu werfen und gegen diese negativen Auswirkungen anzukämpfen. Wir wollen mit der hegemonialen Selbstdarstellung der Stadt brechen und nicht nur auf die soziale Ungleichheit im Wohnungsbau hinweisen, sondern auch positive Utopien jenseits der paternalistischen SP-Grünen Stadtpolitik entwickeln, auf Aktivierung und Selbstermächtigung setzen, anstatt auf eine intransparente, klientelistische Vertretungspolitik. Wie das funktionieren könnte sehen wir international an vielen Orten des Widerstandes gegen Delogierung, Mietensteigerung und Gentrifizierung wie aktuell in Spanien.

Aber auch in Wien kämpfen die Menschen auf vielen Ebenen gegen die Wohnungskrise, wir sehen das beim Widerstand der PizzeriA gegen einen privaten Immobilieninvestor, der solidarischen Unterstützung gegen die Delogierung von Monika R. oder dem tagtäglichen Kampf gegen Wohnungslosigkeit beim neunerhaus sowie dem Kampf gegen Vertreibung von Marginalisierten. Besonders tragisch bleibt uns der Fall Cafer I. in Mariahilf in Erinnerung. Cafer war der letzte verbleibende Mieter eines Zinshauses, das nun saniert wird. Er wurde unter noch immer nicht geklärten Umständen tot vor seiner Wohnung aufgefunden. Delogierungen passieren auch in Wien bis zu sieben Mal pro Tag und jede einzelne Räumung ist eine zu viel. Unsere vier zentralen Forderungen sind daher:

1. ZWANGSRÄUMUNGEN STOPPEN, KEIN RAUSMOBBEN VON ALTMIETER_INNEN !

Wir fordern den sofortigen Stopp von Delogierungen von Mieter_innen, die sich ihre Miete nicht mehr leisten können. Genauso fordern wir Schritte gegen das Rausmobben von Altmieter_innen, um eine Immobilie aufwerten zu können. In beiden Fällen ist die Stadt gefragt, durch sozialpolitische Maßnahmen, wie der Übernahme von Mietschulden, oder der Entziehung von Baubewilligungen im Zuge von Renovierungen, entgegen zu wirken. Der Aufwertung ganzer Grätzel inklusive Verdrängung oftmals weniger zahlungskräftiger Mieter_innen könnte eine an sozialen Kriterien orientierte Mietobergrenze entgegenwirken. Lagezuschläge müssen generell abgeschafft werden.

2. HER MIT DEM GEMEINDEBAU!

Wir fordern die generelle Wiederaufnahme des Gemeindebaus. Kommunaler Wohnbau fand in den letzten Jahren nur mehr über den geförderten Wohnbau statt. Dabei ist klar, dass der geförderte Wohnbau als Mittelschichtssubventionierung, gerade in Zeiten immer prekärer werdender Arbeits- und Lebensbedingungen für viele Menschen immer schwerer leistbar wird. Im Februar 2015 gab Bürgermeister Häupl zwar bekannt, das die Stadt wieder Gemeindewohnungen bauen wird. Es bleibt aber abzuwarten, ob diese Ankündigung reine Wahlkampfrhetorik bleibt bzw. wieviel und unter welchen Bedingungen dann auch wirklich umgesetzt wird.
Wir fordern ebenso Offenheit für neue Schritte der Kommunalisierung, besonders durch die Stärkung der demokratischen Mitgestaltung, etwa in Form der schon existierenden Mieter_innenräte, die Stärkung Urbaner Commons (Gemeingüter) und die Berücksichtigung von Wohn- und Lebensformen, jenseits des Kleinfamilienmodells.

3. SPEKULATION VERHINDERN! LEERSTAND BESETZEN!

Wer Wohnraum oder auch Büroflächen trotz oder gerade wegen steigender Mietpreise leerstehen lässt, sollte nicht nur, wie unlängst von der SP gefordert, durch eine Leerstandsabgabe besteuert werden, sondern dieser Leerstand muss der Gesellschaft wieder zur Verfügung stehen. Wir fordern hier die entsprechenden Rahmenbedingungen zur Rekommunalisierung von leerstehendem Wohnraum und Büroflächen. Darüber hinaus gilt es demokratische Institutionen auf lokaler Ebene zu schaffen, um diesen Leerstand gemeinsam zu verwalten und über dessen Nutzung zu bestimmen. Mit der Kriminalisierung von Leerstandsbesetzungen muss Schluss sein.

4. KEINE PROFITE MIT DER MIETE! WOHNRAUM DARF KEINE WARE SEIN!

Des Recht auf Wohnen gehört wie das Recht auf (Teilhabe an der) Stadt zu den grundlegenden Sozialen Rechten, die gewährleisten, dass alle Menschen ein gutes und würdiges Leben führen können. Dementsprechend darf Wohnen keine Ware sein. Die marktförmige (De-)Regulierung von Wohnraum produziert Ungerechtigkeit und Ungleichheit. Wohnraum muss daher dem Markt entzogen und vergesellschaftet werden und allen hier lebenden Menschen, egal welcher Herkunft, zur Verfügung stehen.

Wien, April 2015

Kontakt: mietenwahnsinn@rechtaufstadt.at

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Wagenplatz Treibstoff in Wien wieder weiter akut räumungsbedroht

Quelle: https://linksunten.indymedia.org/de/node/139186

Durch einem kurzen Besuch des Präsidenten des Trabrennbahnvereines, wurde uns wiedermal ins Bewusstsein gerufen, wie akut räumungsbedroht wir eigentlich sind. Nach Jahrzehnten des Leerstandes ist ihm nun plötzlich eingefallen das er das Grundstück aktuell nutzen möchte. Es wurde uns angedroht das es jederzeit zur Räumung kommen kann, obwohl die Gerichtsverhandlung eigentlich für den 12. Juni diesen Jahres anberaumt wurde.

Damit stehen wir nicht nur situativ sondern auch örtlich beinahe an dem selben Punkt an dem wir schon vor sechs Jahren, bei der Gründung des Wagenplatzes Treibstoff, standen. Nämlich ohne fixen Stellort, auf einem nicht genutzten Grundstück im Wiener Prater, die Zukunft total ungewiss.

Wir können und wollen der Gentrifizierung und einem kalten, profitorientieren Stadtbild nicht weichen. Wir sind und bleiben dreckig, bunt und unbequem in einem immer steriler werdendem Wien. Und dafür brauchen und wollen wir all eure Unterstützung die ihr gerade aufbringen könnt!

Helft uns dabei, dem Wunsch nach selbstbestimmtem Wohnen entgegen der Logik des Kapitals einen Schritt näher zu kommen indem ihr euch von jetzt an für den Tag Y bereithaltet. For more infos ask your local convoy, or just join!!!

Wetterbedingt wird es ab jetzt wieder mittwochs die Wagenbar geben. Auch sonst könnt ihr gerne vorbeischauen, wenn ihr euch für unsere Inhalte interessiert und/oder uns unterstützen möchtet.

Flowers and kisses 2 you, aber vergesst nicht: Das ist nicht die Zeit für Birkenstockschuhe!!!

treibstoff.wagenplatz.at

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Bericht auf Oe1: Wer geht leer aus? Leerstand in der Stadt

Wer geht leer aus? Leerstand in der Stadt. Gast: Mara Verlic, Soziologin und Lehrbeauftragte am Department für Raumplanung, Technische Universität Wien. Moderation: Natasa Konopitzky.

In vielen Städten stehen Wohnungen, Geschäftslokale und Bürogebäude leer. In Wien werden laut Schätzungen 30.000 bis 100.000 Wohnungen nicht bewohnt, obwohl Bedarf an Wohnraum besteht und die Stadt stetig wächst. Wie hoch die Zahl der leerstehenden Wohnungen ist, ist unklar; genaue Erhebungen sind geplant. Eine Meldepflicht für Eigentümer wird diskutiert, auch eine Leerstandsabgabe. Die Soziologin Mara Verlic sieht Leerstand als Kristallisationspunkt für gesellschaftliche Kämpfe: Wem gehört der Raum? Wer geht leer aus?

Eine Woche nach ihrem „Von Tag zu Tag“-Gespräch über Leerstand am Land, fragt Natasa Konopitzky, wie mit leer stehenden Wohn- und Geschäftsflächen in der Stadt umzugehen ist und spricht mit Mara Verlic über sinnvollen Leerstand, Strategien dahinter und dagegen und die Möglichkeiten, Leerstand zu erheben.

Bis 23.01.2015 zum nachhören:
http://oe1.orf.at/programm/394724
Zum Buch – bestellen und download: http://www.igkulturwien.net/wergehtleeraus/

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Bericht vom BundesKongress Internationalismus (BUKO) 2014 – Schwerpunkt Recht auf Stadt

hier der Bericht zum Download:

Eindrücke-Thesen-Fragen BuKo 2014_3
Zum rein-lesen, hier die Einleitung:

1. Einleitung: Die Buko und die Themen des diesjährigen Kongresses
Die Bundeskoordination Internationalismus (BuKo) vernetzt seit 1977 in Deutschland inter-/ transnationalistische Gruppen, Bewegungen, Kampagnen und Arbeitszusammenhänge und ist ein (de)zentraler Ort linker und herrschaftskritischer Debatten. Jährlich wird in wechselnden Städten ein Kongress organisiert, heuer fand er vom 29.5.-1.6. in Leipzig statt. Unter dem Motto „alle oder nirgends!“ bildeten „Rassismus und Migration“ sowie „Recht auf Stadt“ die Themenschwerpunkte des BuKo 361 (1).
Der BUKO.36 in Leipzig war geprägt von der internationalen Zusammensetzung und Vielfältigkeit der Referent*innen und Besucher*innen. Mit rund 600 Besucher*innen war der Kongress ein großer Erfolg. Im Themenstrang „Recht auf Stadt“ (RaS) ermöglichte diese Breite eine Thematisierung stadtpolitischer Kämpfe aus sehr unterschiedlichen Perspektiven und Ausgangslagen; lokale und transnationale Erfahrungen konnten dabei immer wieder miteinander verbunden werden. Diese Vielfältigkeit des Programms und das Zusammenkommen unterschiedlicher AkteurInnen war eine große Stärke des Kongresses. Zugleich war die thematische Abgrenzung zwischen den zahlreichen dezentral angebotenen Workshops nicht immer eindeutig und Verbindungslinien zwischen ihnen konnten oft erst in den Pausen und „Zwischenräumen“ hergestellt werden.
Die Verbindung der beiden großen Themenschwerpunkte „Migration“ und „Recht auf Stadt“ (RaS) hat in der Praxis allerdings kaum stattgefunden. Die abstrakte Erkenntnis von Zusammenhängen und das Beschwören von Gemeinsamkeiten in Kämpfen, so hat sich besonders in der Podiumsdiskussion „Wessen Recht auf Stadt?“ herausgestellt, reichte nicht aus, praktisch gemeinsame Perspektiven auch jenseits von Ereignissen zu finden. An diesem Punkt stehen die Bewegungen vielfach noch nebeneinander.
Einige Aktive des Recht auf Stadt Netzwerkes Wien nahmen am Kongress teil. Im Folgenden sollen Eindrücke, Gedanken, Thesen und Fragen, die in den Workshops und in Diskussionen mit anderen „Recht auf Stadt Aktiven“ aufgetaucht sind, skizziert werden, um sie mit anderen zu teilen und für die weitere Arbeit des Netzwerkes nutzbar zu machen. Die Formate der Darstellungen sind unterschiedlich – einige geben kurze Überblicke über einzelne Workshops, andere heben spezifische interessante Aspekte hervor oder vermitteln Anregungen und Überlegungen die anschließend an die Workshops in Diskussionen entstanden. Für eine Übersicht über alle Workshops siehe http://www.buko.info/pentabarf/BUKO_36/index.de.html.

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Pressemitteilung der Solidaritätsgruppe „Zwangsräumungen verhindern“ zur Räumung am 5. Dezember.

Pressemitteilung der Solidaritätsgruppe „Zwangsräumungen verhindern“ zur Räumung am 5. Dezember.

Am heutigen 5. Dezember wurde Monika R. geräumt, die wir seit einigen Wochen in ihren Bemühungen begleitet haben, ihre Wohnung zu behalten. Hintergrund in Kürze:
Ein Wasserschaden sorgte dafür, dass Monika ein Jahr lang kein fließendes Wasser in der Wohnung hatte. Trotzdem zahlte sie ihre volle Monatsmiete. Auf perfide Weise wurde dieser Wasserschaden als Kündigungsgrund verwendet. Sie war die letzte Mieterin in einem Haus, in dem bereits alle anderen hinausgeekelt und die Wohnungen in Eigentumswohnungen umgewandelt wurden. Von Behörden, Besitzer*innen und ihren Betreuer*innen wurde Monika jahrelang gegängelt und nicht ernst genommen. Sie wollte in ihrer Wohnung bleiben und das Kündigungsverfahren erneut aufrollen bzw. unabhängige Sachverständige sollten den Schaden in der Wohnung erneut prüfen. Monika lebte seit ihrer Kindheit in dieser Wohnung, wuchs dort auf und war dort auch emotional verwurzelt.
Am heutigen Morgen, den 5. Dezember, wurde sie von dem Gerichtsvollzieher dort hinaus quittiert, es waren etwa 60 Polizist*innen u.a. von der Spezialeinheit WEGA zugegen, und die Straße zu ihrer Wohnung wurde komplett verriegelt.
Nach der Räumung haben wir uns sehr über das Medienecho gefreut und mussten dann unter dem Vorbehalt „Auch schlechte Presse ist Presse“ schmunzeln. Mangelnde Recherche von meinungsbildenden Medien ist hierbei zu bedauern.
Wir möchten hier noch einmal mit einigen teils verleumderischen Behauptungen aufräumen:
Monika R. wurde nicht informiert, dass der Räumungstermin vom 10. Dezember auf den 5. Dezember vorverlegt wurde. Ihr Sachwalter wusste darüber Bescheid, informierte sie allerdings nicht! Monika konnte demnach ihre Sachen nicht ordentlich packen; einige Utensilien, um die sie bat, sind schon abhandengekommen. Sie hat am Tage noch einmal in der alten Wohnung nachsehen wollen, um beispielsweise ihr Handyladegerät abzuholen, doch das Wohnungstürschloss war schon ausgetauscht. Und leider hatte Monika R. nicht die Gelegenheit, sich angemessen von der Wohnung zu verabschieden, in der sie einige Jahrzehnte lebte.
In sämtlichen Berichten ist die Rede von „Ex-Bewohnern der Pizzeria Anarchia“, die gegen die Delogierung protestieren. Sicherlich hat die Pizzeria Anarchia für viel Wirbel gesorgt, doch das einzige, was ähnlich war mit der Räumung der Pizzeria, war vermutlich das hohe Polizeiaufgebot. Die Delogierung/Zwangsräumung wird dabei immer wieder als ein Phänomen der sozialen Randgruppen degradiert. Mietpreiserhöhungen betreffen allerdings uns alle und sind längst in unserer Mitte gegenwärtig. Wir möchten an dieser Stelle daran erinnern, dass täglich durchschnittlich 7 Zwangsräumungen in Wien stattfinden. Wir sind alle davon betroffen und brauchen nicht auf „die anderen“ zu verweisen und damit abzulenken.
Ein Sprecher vom Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) hat scheinbar gegenüber Radio Wien erwähnt, die neue Wohnung, die Monika R. zur Verfügung gestellt wurde, sei von ihr schon vor zwei Monaten bezogen worden. Nein, das ist nicht wahr! Monika R. hat diese Wohnung im Erdgeschoss auf einer Hauptstraße, 200 Euro teurer als die Vorherige, nie beziehen wollen. Sie hat auch den Mietvertrag nicht unterschrieben, sondern dies erledigte für sie ihr Sachwalter gegen ihren Willen. Monika R. wurde an vielen Stellen übergangen oder nicht in Kenntnis gesetzt. Die neue Wohnung ist dabei nur eines von vielen Beispielen. Aber es ist doch interessant, dass ein SPÖ-Politiker, der offensichtlich nicht über den Sachverhalt informiert ist, zu diesem Kasus befragt wird.
Weiters werden in gewissen Berichten die Straßennamen der alten und der neuen Adresse genannt. Dies ist unserer Meinung nach nicht relevant für die Berichterstattung aber durchaus ein Eingriff in Monikas Persönlichkeitsrecht.
Wir haben Monika dabei unterstützt, ihr Leben selbstbestimmt zu gestalten und selber über ihre Wohnsituation zu entscheiden. Leider ist es uns bei ihr nicht in letzter Konsequenz gelungen. Die Profitlogik des kapitalistischen Wohnungsmarktes, der aus Wohnraum Ware macht, kam uns dazwischen.

So schnell bekommt man uns nicht klein.
Weiterhin treten wir für eine Welt ohne Delogierungen ein.
Auch euch möchten wir unterstützen, wenn ihr bedroht seid oder euch vernetzen wollt gegen den alltäglichen Mietwahnsinn.
Wohnraum für Alle!

Mit solidarischen Grüßen
Zwangsräumungen verhindern

Email: zwangsraeumungenverhindern [at] riseup (punkt] net
Kontakt-Telefon: 0660 42 43 190 (bzw. +43 660 42 43 190)
http://zwangsraeumungenverhindern.noblogs.org/

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Transnationales Treffen gegen Delogierungen in Cordoba

logo_cordobaDiese Woche findet das transnationale Treffen von Initiativen gegen Zwangsräumungen (EN.T.R.A.D.) in Cordoba, Spanien, statt. An dem Treffen nehmen rund 200 Aktivist_innen, darunter auch der interventionistischen Linken, gegen teil. Bei der Zusammenkunft geht es vor allem um den aktuellen Stand der Bewegungen gegen Zwangsräumungen und für das Recht auf faires Wohnen. Neben dem inhaltlichen Austausch stehen bei dem Treffen aber auch praktische Aspekte im Vordergrund. Im Zuge eines 4-tägigen Trainings soll ein Erfahrungsaustausch unter den teilnehmenden Gruppen und Initiativen, was die Verhinderung von delogierungen betrifft, ermöglicht werden.

Veranstaltet wird das Treffen von dem lokalen Bündnis gegen Delogierungen, das Teil der landesweit agierenden Plataforma de Afectados por la Hipoteca (PAH) ist. Die PAH ist mit ihren über 150 Ortsgruppen in Spanien in den letzten Jahren zu einer der größten aktiven Betroffenenorganisationen gegen Krisenauswirkungen angewachsen. Für Ende November sind Aktivist_innen der PAH eingeladen nach Linz und Wien zu kommen und von ihren Erfahrungen zu berichten.

In einer Solidaritätsnote wurde zum Auftakt eine Grußadresse der versammelten Initiativen an die von Geflüchteten bewohnte Ohlauer-Schule in Berlin gerichtet. Zentrale Forderung: Wohnraum und Bleiberecht für Alle! United Neighbors! Housing and a right to stay for all! United Neighbors! Vivienda y derecho de permanencia para todxs! Vecinxs unidxs!

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Artikel: Zwangsräumungen werden Politthema

http://derstandard.at/2000007430578/Zwangsraeumungen-Wohnungsverlust-wird-Politthema

Zwangsräumungen werden Politthema
Irene Brickner
29. Oktober 2014, 07:00
Eine Initiative will Räumungen vor Ort verhindern, während der Hausbesitzerverband Regelungen fordert, um sie zu beschleunigen

Ihre Miete hat Monika R. immer pünktlich beglichen, so wie früher ihre Eltern, seit diese 1958 in die 27,5-Quadratmeter-Wohnung in Wien-Ottakring zogen. Nach dem Tod von Vater und Mutter übernahm die frühpensionierte Verkäuferin und Sekretärin den unbefristeten Mietvertrag. 200 Euro, inklusive Betriebskosten, überweist sie allmonatlich.

Nun könnte die Oktobermiete ihre letzte Zahlung gewesen sein: Die 51-Jährige wird delogiert. Sie habe sich geweigert, Handwerker in die Wohnung zu lassen, um die Folgen eines Wasserschadens zu sanieren; damit habe sie „grob nachteiligen Gebrauch des Mietgegenstands“ an den Tag gelegt, lautet die Begründung. Monika R. widerspricht: Der Wasserschaden sei gar nicht in ihrer Wohnung aufgetreten. Vielmehr werde sie als inzwischen einzige Mieterin unter Wohnungsbesitzern aus dem Gründerzeithaus gedrängt.
Erste Räumung abgeblasen

Ein erster Räumungstermin war für den sechsten Oktober angesetzt. Er wurde abgeblasen. Ob dafür die vorher angekündigte Anwesenheit von 50 Protestierenden ausschlaggebend war, ist unklar: „Monika R. ist ein krasses Beispiel für Spekulation mit Wohnraum. Immer öfter werden Mieter mit sogenannten Altverträgen aus Wohnungen vertrieben“, sagt eine Vertreterin der Initiative „Zwangsräumungen verhindern“, die den Protest organisiert hat.

Nach Städten wie London, Paris und Berlin würden sich auch in Wien die sozialen Kosten der Gentrifizierung – Abwanderung armer und Zuzug wohlhabender Schichten in ganze Stadtteile – nun bemerkbar machen, sagt die Sprecherin. Dazu komme eine zunehmende Mietenverteuerung, vor allem am freien Wohnungsmarkt: „Wie in Spanien oder Berlin brauchen Menschen, die sich gegen Wohnungsverlust zur Wehr setzen, Unterstützung.“
„Fortgesetzte Entmündigung“

So etwa Monika R., die nicht zuletzt „durch fortgesetzte Entmündigung“ in die Delogierung getrieben worden sei. Tatsächlich ist die Frühpensionistin im Verkehr mit Gerichten, Ämtern und in Vermögensangelegenheiten seit 20 Jahren besachwaltert. Doch gegen die Wohnungskündigung wurde von Sachwalterseite kein Einspruch erhoben. So erlangte die Kündigung Rechtskraft.

Ein darauf neu bestellter Sachwalter beantragte Wiedereinsetzung, doch das fruchtete nicht. Nun hat er, um seiner Klientin Obdachlosigkeit zu ersparen, den Mietvertrag einer Ersatzwohnung für sie unterzeichnet. Diese lehnt Monika R. entschieden ab: „Ich habe fast mein ganzes Leben in der derzeitigen Wohnung gelebt. Ich will bleiben“, betont sie.
Nächster Räumungsversuch am 10. Dezember

Ein nächster Räumungstermin ist für den 10. Dezember angesetzt. Man werde vor Ort sein, heißt es bei der Antidelogierungsinitiative. Aktionen von Gruppen wie dieser hätten „einen Sensibilisierungseffekt“, kommentiert dies Christian Boschek, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer. Wichtiger jedoch sei „präventive Hilfe“ (Interview rechts).

Friedrich Noszek, Präsident des Zentralverbands der Hausbesitzer in Wien, setzt diesbezüglich einen ganz anderen Schwerpunkt. Man dürfe „nicht nur die Seite der Mieter, sondern auch jene der Vermieter sehen“, sagte er. Daher müssten „beschleunigte Delogierungen“ eingeführt werden, wie es sie in Deutschland schon gebe. (Irene Brickner, DER STANDARD, 29.10.2014)